Leider passiert mir das immer wieder und es wird auch nicht besser.
Mein Instinkt für andere Menschen ist ziemlich gestört, was mich immer wieder zum Opfer macht, von anderen ausgenutzt zu werden.
Diese Feststellung ist bitter für mich, weil ich im Grunde gerne mit anderen zusammen arbeite oder ihnen helfe. Doch leider kommt zum Schluss oft eine Enttäuschung heraus.
Meine Gutgläubigkeit und mein Optimismus sind Stärken, die ich an mir liebe, weil sie das Leben erleichtern. Diese Stärken erkennen Menschen schnell, die genau das Gegenteil haben, nämlich Misstrauen und Pessimismus. Damit diese Menschen in ihrer negativen Haltung eine Balance finden, gehen sie immerzu auf die Pirsch nach Leuten, die das ausgleichen, ohne dafür zum Schluss dankbar zu sein.
Ich habe einige Jahre sehr gerne auf einer englischen Farm meine Bücher geschrieben und die Menschen dort als wirkliche Freunde empfunden. Sie behandelten mich wie ein Familienmitglied, was mir ein sicheres Gefühl gab.
Natürlich kamen Warnungen von nicht autistischen Menschen, die schon längst durchschaut hatten, was los war.
„Solange du denen Geld gibst, sind sie deine Freunde“, bekam ich zu hören.
Ich mag solche Aussagen gar nicht annehmen, weil mich augenscheinlich freundliche Menschen schnell überzeugen können, doch in der Tat, ich musste für den Aufenthalt natürlich bezahlen. Doch ich dachte, dass die Freundlichkeit der Farmbetreiber tatsächlich ehrliche und zwischenmenschliche Aspekte hätte.
Wieder mal weit gefehlt. Man täuschte mich. Seitdem ich mein eigenes Haus in England bewohne und dort meine Bücher schreibe, ist der Kontakt abgebrochen. Ich teilte diesen Menschen zuvor mit, dass ich autistisch sei, keine Telefonate mag und gerne über Briefe und Karten kommuniziere und Kontakt darüber halten würde. Oder eben hin und wieder der persönliche Besuch. Man wusste also Bescheid und fand das toll.
Tja, seit über 4 Jahren schreibe ich regelmäßig Karten zum Geburtstag, Weihnachten und Briefe zwischendurch. Fuhr mehrmals hin und nahm mir viel Zeit für alle. Doch man begegnete mir eher abweisend als willkommen. Seit 1 ½ Jahren kann ich nicht mehr wegen der Pandemie persönlich erscheinen, um mich zu schützen. Auch das schrieb ich.
Ich bekam nicht ein einziges Zeichen als Dank zurück. Kein Gegenbesuch, keine Karte, keinen Brief oder vielleicht doch nur ein kurzer Anruf, obwohl ich meine kompletten Kontaktdaten hinterlassen hatte. Sogar Einladungen hatte ich ausgesprochen. Nicht ein Zeichen kam zurück.
In solchen Momenten verstehe ich das Gefasel von Freundschaft und Freundlichkeit nicht. Nein, bei Geld hört die Freundschaft bekannter Weise ja auf. UPS!
Ich wurde während meines Aufenthalts auf der Farm dort praktisch arglistig getäuscht. So empfinde ich es heute. Das schmerzt, weil mir diese Menschen sehr ans Herz gewachsen waren. Ich brach den Kontakt ab.
Menschen ohne Autismus durchschauen solche Situationen recht schnell. Ich brauche dazu immer länger.
Genauso erging es mir auch schon mit einigen früheren Freunden, Autorenkollegen und Buchbloggern. Solange ich lieferte, waren sie freundlich.
Meine Nachbarn ebenso. Da ziehen wir als Europäer in eine Doppelhaushälfte und möchten natürlich auch unsere Gastfreundschaft zeigen, indem wir freundlich sind und unsere Hilfe in der Not anbieten. Tja, man griff freundlich zu. Die Not war schnell da. Das ältere Ehepaar ließ sich von meinem Mann „mal eben nebenbei“ den Rasen mähen, weil der Nachbar einen Herzschrittmacher hat. Weil der Herr mal während eines Sturm, als wir in Urlaub waren, unseren kleinen Anhänger am Straßenrand mit einem Stein befestigt hatte, ließ er sich von mir als Gegenleistung die Fenster putzen. Kein Zeichen der Dankbarkeit.
Bis mir der Kragen platzte und ich deutlich machte, dass wir nicht die Versorgung anderer Haushalte übernehmen könnten. Ich sagte das natürlich freundlich, doch was passierte? Man sah uns in der Stadt nicht mehr an und drehte sich weg, wenn man uns begegnete. Im Garten wechseln wir kein Wort mehr miteinander.
Eine sehr unschöne Ruhe für mich. Ich verabscheue Zank und Streit.
Bin ich so falsch oder hat mich meine Gutgläubigkeit wieder einmal getäuscht?
Ach, ihr Lieben, immerzu passieren solche Sachen und es hört nicht auf. Ich möchte meine Gutgläubigkeit auch nicht aufgeben, aber ich zwinge mich derzeit dazu, anderen meine Hilfe nicht mehr anzubieten. Das mache ich nur noch bei ganz bestimmten Menschen und dann auch nur solange sie das zu schätzen wissen. Doch es werden trauriger Weise immer weniger.
„Mit den Blöden kann man es ja machen“. Ein bekannter Spruch. Ja, als autistischer Mensch wird man leider oft als einfältig oder blöd betrachtet, was das System der Inklusion so gut wie unmöglich macht.
Nun kann man sagen, das passiert auch nicht autistischen Menschen.
Stimmt!
Doch für mich sind solche Erfahrungen doppelt schlimm. Gerade wenn meine Freundlichkeit mit Gemeinheit beantwortet wird. Da reden viele Menschen von „sozialem Verhalten“ und wenn ich es anwende und freundlich bleibe trotz Wut im Bauch, ändern diese ihre Ansicht mal eben und wenden das asoziale Verhalten an, was man Autisten leider oft vorwirft.
Was denn nun? Ach, ist das alles ein Irrsinn. Ich verstehe die Menschen oft nicht. Auch nicht deren Sprache.
Auf diese Weise prägt sich die Gesellschaft selbst, denn auch der Autist reagiert. Er reagiert nur anders. Er reagiert oft sehr konsequent.
Ich z.B. breche brutal alle Verbindungen ab. Menschen, die eine Grenze bei mir überschreiten, lösche ich komplett aus meinen Leben. Dann begegnen sie mir plötzlich nach langer Zeit wieder auf der Straße und schmelzen dahin vor Freundlichkeit. Ich hingegen schaue in diesem Falle an ihnen vorbei. Und schon wird gemunkelt: „Die Autisten sind kalt und unempathisch. Sie haben kein Benehmen.“
Ihr lieben Menschen, von denen ich gerade rede: Bevor ihr so etwas sagt, stellt euch vor einen Spiegel und schaut euch dabei selbst in die Augen.
Ich jedoch freue mich über jeden, der mir ehrlich und auch dankbar begegnet. Der weiß, was Wertschätzung bedeutet und es auch praktiziert. Das erleichtert mir enorm meinen Alltag. Deswegen geht mein größter Dank an diese Menschen.
(Meine Blogs gibt es auch zusammengefasst als eBook oder Printausgabe zum Lesen)