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Sich in Menschen täuschen – meine Spezialität

Leider passiert mir das immer wieder und es wird auch nicht besser.

Mein Instinkt für andere Menschen ist ziemlich gestört, was mich immer wieder zum Opfer macht, von anderen ausgenutzt zu werden.

Diese Feststellung ist bitter für mich, weil ich im Grunde gerne mit anderen zusammen arbeite oder ihnen helfe. Doch leider kommt zum Schluss oft eine Enttäuschung heraus.

Meine Gutgläubigkeit und mein Optimismus sind Stärken, die ich an mir liebe, weil sie das Leben erleichtern. Diese Stärken erkennen Menschen schnell, die genau das Gegenteil haben, nämlich Misstrauen und Pessimismus. Damit diese Menschen in ihrer negativen Haltung eine Balance finden, gehen sie immerzu auf die Pirsch nach Leuten, die das ausgleichen, ohne dafür zum Schluss dankbar zu sein.

Ich habe einige Jahre sehr gerne auf einer englischen Farm meine Bücher geschrieben und die Menschen dort als wirkliche Freunde empfunden. Sie behandelten mich wie ein Familienmitglied, was mir ein sicheres Gefühl gab.

Natürlich kamen Warnungen von nicht autistischen Menschen, die schon längst durchschaut hatten, was los war.
„Solange du denen Geld gibst, sind sie deine Freunde“, bekam ich zu hören.

Ich mag solche Aussagen gar nicht annehmen, weil mich augenscheinlich freundliche Menschen schnell überzeugen können, doch in der Tat, ich musste für den Aufenthalt natürlich bezahlen. Doch ich dachte, dass die Freundlichkeit der Farmbetreiber tatsächlich ehrliche und zwischenmenschliche Aspekte hätte.

Wieder mal weit gefehlt. Man täuschte mich. Seitdem ich mein eigenes Haus in England bewohne und dort meine Bücher schreibe, ist der Kontakt abgebrochen. Ich teilte diesen Menschen zuvor mit, dass ich autistisch sei, keine Telefonate mag und gerne über Briefe und Karten kommuniziere und Kontakt darüber halten würde. Oder eben hin und wieder der persönliche Besuch. Man wusste also Bescheid und fand das toll.

Tja, seit über 4 Jahren schreibe ich regelmäßig Karten zum Geburtstag, Weihnachten und Briefe zwischendurch. Fuhr mehrmals hin und nahm mir viel Zeit für alle. Doch man begegnete mir eher abweisend als willkommen. Seit 1 ½ Jahren kann ich nicht mehr wegen der Pandemie persönlich erscheinen, um mich zu schützen. Auch das schrieb ich.
Ich bekam nicht ein einziges Zeichen als Dank zurück. Kein Gegenbesuch, keine Karte, keinen Brief oder vielleicht doch nur ein kurzer Anruf, obwohl ich meine kompletten Kontaktdaten hinterlassen hatte. Sogar Einladungen hatte ich ausgesprochen. Nicht ein Zeichen kam zurück.

In solchen Momenten verstehe ich das Gefasel von Freundschaft und Freundlichkeit nicht. Nein, bei Geld hört die Freundschaft bekannter Weise ja auf. UPS!

Ich wurde während meines Aufenthalts auf der Farm dort praktisch arglistig getäuscht. So empfinde ich es heute. Das schmerzt, weil mir diese Menschen sehr ans Herz gewachsen waren. Ich brach den Kontakt ab.

Menschen ohne Autismus durchschauen solche Situationen recht schnell. Ich brauche dazu immer länger.

Genauso erging es mir auch schon mit einigen früheren Freunden, Autorenkollegen und Buchbloggern. Solange ich lieferte, waren sie freundlich.

Meine Nachbarn ebenso. Da ziehen wir als Europäer in eine Doppelhaushälfte und möchten natürlich auch unsere Gastfreundschaft zeigen, indem wir freundlich sind und unsere Hilfe in der Not anbieten. Tja, man griff freundlich zu. Die Not war schnell da. Das ältere Ehepaar ließ sich von meinem Mann „mal eben nebenbei“ den Rasen mähen, weil der Nachbar einen Herzschrittmacher hat. Weil der Herr mal während eines Sturm, als wir in Urlaub waren, unseren kleinen Anhänger am Straßenrand mit einem Stein befestigt hatte, ließ er sich von mir als Gegenleistung die Fenster putzen. Kein Zeichen der Dankbarkeit.  

Bis mir der Kragen platzte und ich deutlich machte, dass wir nicht die Versorgung anderer Haushalte übernehmen könnten. Ich sagte das natürlich freundlich, doch was passierte? Man sah uns in der Stadt nicht mehr an und drehte sich weg, wenn man uns begegnete. Im Garten wechseln wir kein Wort mehr miteinander.

Eine sehr unschöne Ruhe für mich. Ich verabscheue Zank und Streit.
Bin ich so falsch oder hat mich meine Gutgläubigkeit wieder einmal getäuscht?


Ach, ihr Lieben, immerzu passieren solche Sachen und es hört nicht auf. Ich möchte meine Gutgläubigkeit auch nicht aufgeben, aber ich zwinge mich derzeit dazu, anderen meine Hilfe nicht mehr anzubieten. Das mache ich nur noch bei ganz bestimmten Menschen und dann auch nur solange sie das zu schätzen wissen. Doch es werden trauriger Weise immer weniger.

„Mit den Blöden kann man es ja machen“. Ein bekannter Spruch. Ja, als autistischer Mensch wird man leider oft als einfältig oder blöd betrachtet, was das System der Inklusion so gut wie unmöglich macht.

Nun kann man sagen, das passiert auch nicht autistischen Menschen.

Stimmt!

Doch für mich sind solche Erfahrungen doppelt schlimm. Gerade wenn meine Freundlichkeit mit Gemeinheit beantwortet wird. Da reden viele Menschen von „sozialem Verhalten“ und wenn ich es anwende und freundlich bleibe trotz Wut im Bauch, ändern diese ihre Ansicht mal eben und wenden das asoziale Verhalten an, was man Autisten leider oft vorwirft.

Was denn nun? Ach, ist das alles ein Irrsinn. Ich verstehe die Menschen oft nicht. Auch nicht deren Sprache.

Auf diese Weise prägt sich die Gesellschaft selbst, denn auch der Autist reagiert. Er reagiert nur anders. Er reagiert oft sehr konsequent.

Ich z.B. breche brutal alle Verbindungen ab. Menschen, die eine Grenze bei mir überschreiten, lösche ich komplett aus meinen Leben. Dann begegnen sie mir plötzlich nach langer Zeit wieder auf der Straße und schmelzen dahin vor Freundlichkeit. Ich hingegen schaue in diesem Falle an ihnen vorbei. Und schon wird gemunkelt: „Die Autisten sind kalt und unempathisch. Sie haben kein Benehmen.“

Ihr lieben Menschen, von denen ich gerade rede: Bevor ihr so etwas sagt, stellt euch vor einen Spiegel und schaut euch dabei selbst in die Augen.

Ich jedoch freue mich über jeden, der mir ehrlich und auch dankbar begegnet. Der weiß, was Wertschätzung bedeutet und es auch praktiziert. Das erleichtert mir enorm meinen Alltag. Deswegen geht mein größter Dank an diese Menschen. 

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Vom Wissen und der Ignoranz während der Covid-19-Krise

Es war für mich schon immer ein Problem, den Großteil der Menschheit zu verstehen. Ich meine, das was sie sagen und das, was sie tun. Worte und Verhalten. Beides klafft oft doch ziemlich weit auseinander, zumindest bei einer Großzahl der Menschen.

Vor einer ganzen Weile schrieb ich einmal einen Blog über Autismus und die Welt der zwei Sprachen. Darüber gibt es ein Buch. Worte, die anders gemeint sind, als sie bedeuten sollen. Simples Beispiel: „Ruf doch mal wieder an“ als Floskel. Du sollst gar nicht anrufen, sondern dieser Spruch wird unter sozialem Verhalten verbucht und soll freundlich klingen. Ich als Autistin ruf natürlich an. Man ist verdutzt am anderen Ende der Leitung. „Ach du…ja…“, bekomme ich zu hören und fühle mich direkt unwillkommen.
Aber okay, war nur ein Beispiel.

Wie kann es anders sein, dass mein Blog wieder von Covid-19 handelt? Nervig, nicht wahr? Ich finde es noch nerviger, dass alle wissen, was social distanz oder sozialer Abstand bedeutet, oder auch „Bitte 2 Meter Abstand halten“, damit wir uns nicht anstecken oder die Gefahr mindern, andere anzustecken. Jeder weiß es und dann schaue ich auf die Lockerungsmaßnahmen, als man uns Menschen wieder „freilässt“ und doch so viel Verantwortung zutraut, dass es funktionieren sollte.

Pustekuchen!

Ich als Autistin verstehe unter 2 Meter Abstand wirklich 2 Meter Abstand und halte sie ein, wo immer es möglich ist. Ich wechsle die Straßenseite, wenn der Bürgersteig eng wird, warte geduldig in einer Türnische, wenn mir jemand entgegenkommt und gehe niemals zu Stoßzeiten einkaufen, eben andere schützen und mich selbst.

Was muss ich feststellen? Boah, mir kocht gerade die Galle über…

Ich lebe in England, wo ähnliche Regeln wie in Europa ablaufen und stelle fest, dass sich die Menschen hier nicht anders verhalten, als woanders auch. Reisen ist hier wieder erlaubt.
Kaum ist die Sonne raus und die Temperaturen steigen an, wird zu den Küsten gerast, obwohl dort alle Parkplätze, Toiletten und Restaurants geschlossen sind, auch B&Bs, Pubs und Urlaubsunterkünfte. Nebenstraßen werden zugeparkt, sodass die Anwohner kaum noch aus ihren Ausfahrten herauskommen. Eine Reisewelle nach alter Methode bricht aus. Juhu, die Gewohnheit hat uns zurück!
Reporter sprechen die vermeintlichen Urlauber an. „Ist mir doch egal! Es wird sowieso alles übertrieben…“ Der Reporter sagt: „In dieser Region wohnen 2/3 alte und gefährdete Menschen.“ Der vermeintliche Urlauber sagt: „Das ist mir doch egal. Der hat die Küste ja direkt vor der Tür, ich nicht. Sollen die doch rauskommen, wenn wir wieder weg sind…“

Das ist nur eines von vielen Gesprächen, die Reporter zu berichten haben. Erschreckend! An den Kassen der Supermärkte drängen sich Käufer eng am Hintermann vorbei,weil er was vergessen hat. Die Tüte Chips ist um so vieles wichtiger, als die Ansteckungsgefahr.

Was mich so verwirrt ist: Verstehen die ihre eigene Sprache nicht? Warum machen viele Menschen etwas, obwohl sie wissen, dass es falsch ist? Eine grundsätzliche Schwäche, die ich immer wieder beobachte. Sicher, jeder hat Schwächen, aber warum schaden viele Menschen anderen so vorsätzlich und letztendlich sich selbst? Sind es nicht die gleichen Menschen, die später schimpfen, wenn es die eigene Mutter oder den Opa erwischt, die nicht genug Immunität gegen den Virus hatten?

Ich verstehe das einfach nicht, ehrlich. Ich beobachte es bei so vielen Dingen. Die Menschen wissen was passiert und tun es trotzdem. Warum?
Ich komme einfach nicht dahinter.

Wäre es nicht ehrlicher zu sagen: „Alle, die ihr Lust habt, die Alten und Kranken wegzuputzen, geht raus und verbreitet den Virus. Alle, die ihr an Herzinfarkt bald sterben wollt, fresst euch zu Tode. Alle die ihr eure Freunde und Familien verlieren wollt, sauft und vergrault sie. Alle, die ihr freundliche, hilfsbereite Menschen vertreiben wollt, beschimpft und vertreibt sie. Alle, die ihr eure Gesundheit ruinieren wollt, esst ungesundes Zeug und bewegt euch dabei nicht. “
Hand aufs Herz, das wäre doch wenigstens ehrlich und dann würde ich viele Menschen auch besser verstehen.

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Autismus – wenn ich keinen Job auf Dauer durchhalte …

Thema Arbeitsstelle oder Job als Autistin …
Ich habe früher alle 4 Jahre meine Arbeitsstelle gewechselt. Nicht, weil ich gekündigt wurde, sondern weil ich gekündigt habe. Immer wieder stellte ich fest, dass es an mir gelegen hatte. Ich habe meinen Aufgabenbereich zu ernst und zu genau genommen.

Kennt ihr das?

Ihr bekommt eine Aufgabe zugeteilt und erledigt sie mit hoher Disziplin, um möglichst keine Fehler zu machen. Ja, fehlerfreies Arbeiten war stets mein Bestreben. Alles musste verbessert und  optimiert werden. Und wehe, mir unterlief ein Fehler … ich konnte die ganze Nacht nicht Schlafen.
Die Perfektion, einer der größten Stärken vieler Autisten. Sie optimieren solange, bis der Kessel auch ordentlich kocht. Leider zum Leidwesen vieler Kollegen, die nicht autistisch sind. Sie lassen eine Fünf auch schon mal gerade sein. Der Autist sagt, eine Fünf kann nicht gerade sein, das ist unlogisch und von Menschen so im Sprachgebrauch festgehalten. Und schon wieder gibt’s Stress in der Arbeit.

Ich habe immer gerne gearbeitet, doch je länger ich in einem Job war, desto stärker wurde die Perfektion zu meinem Problem. Ich schaffte oft weit mehr als meine Kollegen, weil ich ausgefeilte Systeme einhielt, von denen keiner etwas wissen wollte. Vier Jahre lang hielt ich es aus, dann kündigte ich, weil man mich genau deswegen auszuschließen begann. Mir war es oft egal, was die anderen machten, doch denen war es nicht egal, was ich machte. Sie fühlten sich bedroht.

Ja, bedroht, das ist ein gutes Wort. Ich wurde oft zu einer Bedrohung und Herausforderung zugleich, Systeme zu verändern oder Arbeitszustände zu optimieren. Etwas, was nicht viele mögen. Chefs schon, Mitarbeiter weniger. Ich musste mit den Mitarbeitern auskommen, doch egal wie freundlich ich war, ich wurde zu einer Bedrohung. Und nach vier Jahren brach ich in der Regel zusammen und wechselte die Arbeitsstelle.

Mein Leben unterlag ständig diesem Wechsel, weil der Körper eine nicht unerhebliche Rolle dabei spielt. Psychosomatische Reaktionen stellten sich ein, Krankheiten folgten.

Ich entschloss mich irgendwann zu einer Hopp oder Topp Lösung. Es gab nur zwei Wege: Selbstständigkeit ohne Mitarbeiter oder Arbeitslosigkeit. Ich wählte die erste Variante, weil ich nicht ohne Arbeit leben kann, und begann Texte für Zeitungen zu schreiben. Dann meine ersten Bücher, die ich komplett selbst verlegte, weil ich bestimmte Ansprüche hatte. Ich verbesserte und optimierte, bis es mir gefiel, und niemand redete mir rein. Wie schön und wie erleichternd! Ich lernte ein vollkommen neues Arbeitsgefühl kennen.
Zwischendurch ließ ich mich dann doch auf zwei Verlage ein. Die Zusammenarbeit funktionierte nicht, weil Vertragsvereinbarungen nicht eingehalten wurden. Ich konnte wieder einmal nicht die Fünf gerade sein lassen. Also wechselte ich wieder in die Selbstständigkeit zurück.
Fazit:
Zum ersten Mal in meinem Leben arbeite ich seit 10 Jahren am Stück, ohne die Tätigkeit gewechselt zu haben. Es ist oft anstrengend, doch es fühlt sich gleichzeitig ungemein gesund an!! Ich muss mit niemandem diskutieren, außer mit mir selbst, und wenn ich mich ärgere, dann mache ich das mit mir alleine aus.

Auf diese Weise schuf ich mir meinen eigenen Arbeitsplatz. Mein gelernter Beruf der Erzieherin ist nicht der Beruf, den ich jetzt ausübe. Ich übe eine Tätigkeit aus, bei der ich uneingeschränkt meine Stärken zeigen kann. Das fühlt sich großartig an.
Inzwischen freue ich mich über den wachsenden Markt für autistische Mitarbeiter, die in erster Linie auf Stärken und nicht auf ihre Ausbildungspapiere geprüft werden. Sie fallen unter ein Ausnahmegesetz auf Grund der Diagnose.  Immer mehr Firmen werden auf Autisten spezialisiert und sensibilisiert. Mitarbeiter, die geschützt werden müssen, damit sie ihre Arbeit erledigen können. Immer mehr entdecken die Arbeitsqualität dieser Menschen.
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Gesichtsmaskenpflicht – ein Graus für mich als Aspergerin!

In Zeiten der Covid-19 Krise kommen Themen zustande, über die ich nie nachgedacht habe, doch jetzt sind sie hautnah vorgedrungen. Hautnah, im wahrsten Sinne des Wortes. Die globale Infektion des Virus läuft darauf hinaus, dass es in vielen Ländern zu der sogenannten Gesichtsmaskenpflicht kommt. Das ist mein AUS für „Freigänge“, wenn es auch bei abendlichen Spaziergängen eingehalten werden muss.

Warum?

Ich schrieb schon in einem älteren Blog, dass ich absolut nichts in meinem Gesicht ertragen kann. Schminke ist für mich undenkbar und sogar die Brille/Sonnenbrille kann ich nur mit ständigem Juckreiz und Kratzen aushalten. Ich schließe mal auf übersensible Nerven im Gesicht, besonders im Bereich der Nase. Das kleinste Staubkorn, was meine Nase erreicht, verursacht Juckreiz. Nun eine Maske vor dem Gesicht zu tragen, wäre katastrophal für mich. Ich würde ununterbrochen meine Haut reiben und die Maske letztendlich von meinem Gesicht reißen.
Ich lebe als Gefährdete schon wochenlang isoliert, doch mein abendlicher Spaziergang bei Einbruch der Dunkelheit ist für mich sehr wichtig, um überhaupt in Bewegung zu bleiben. Wenn ich dann auch noch eine Gesichtsmaske tragen muss, werde ich das Haus nicht mehr verlassen. Geschäfte betrete ich schon lange nicht mehr, nicht nur wegen der Ansteckung, sondern auch wegen der scharfen Gerüche der Desinfektionsmittel. Beim letzten Besuch vor einigen Wochen erlitt ich ein Augen-Ödem, eine allergische Reaktion. Mein linkes Auge schwoll zu.

Ich nehme Gerüche um vieles stärker wahr und diese konstante Chemie verursacht direkt ein Kratzen in meinem Hals. Ich bekomme Hustenreiz wegen dem Zeug und kann mich deswegen schon nicht mehr in geschlossene Räume wagen. Wenn mein Mann nicht alles Nötige zum Essen und Versorgen heranholt, müsste ich einen Einkaufs-Service beauftragen. Einkauf per Internet auf ganzer Linie. Deswegen gebührt meinem Mann mein größter Dank! Er hilft mir über vieles hinweg.

Die Sinnes-Überwahrnehmung stößt nun an eine mir Angst machende Grenze – die Gesichtsmaske. Ich weiß, wie wichtig sie ist. Ich weiß, dass es unumgänglich ist. Ich weiß aber auch, wie unmöglich es für mich ist, sie zu tragen. Endloser Juckreiz würden mich plagen. Ich habe schon starke Probleme, Mützen anzuziehen, von Helmen ganz zu schweigen. Alles, was meinen Kopf berührt, ist schlimm für mich. Ich kann nicht einmal zum Friseur gehen. Wenn jemand meinen Kopf berührt, fühlt er sich wie eine explodierende Bombe an.

Die Zeit an sich, in der sich alles entschleunigt, tut mir gut. Ich weiß nicht was es ist, aber alles „unnatürliche“ war schon immer mein Feind. Bereits als Kind träumte ich von der Hütte im Wald. Nur Natur um mich herum. Der Traum wird immer realistischer, als hätte ich schon im Alter von 5 Jahren gewusst, wo ich hingehöre. Mir bleibt nur die Flucht in immer einsamere Gegenden, um das Leben noch auszuhalten.

Ich weiß nicht, wie es anderen Menschen mit Autismus in dieser Richtung ergeht.

Meine Hoffnung ist die, dass die Menschen auf ganzer Linie solidarisch den Virus bekämpfen. Auch ich werde meinen Teil dazu beitragen und mich an die Regeln halten, weil wir alle verzichten müssen. Ich werde das Haus im Falle einer Gesichtsmaskenpflicht nicht mehr verlassen, um andere zu schützen. Immerhin habe ich noch meinen Garten und werde dort den Sommer verbringen. Ein (doch) großes Glück in Zeiten der Sorge und Not. Das haben nicht alle.
Ich wünsche allen Gesundheit und dass wir uns eines Tages wieder ohne übermäßige Chemie und Vermummung begegnen können.DSCN3960

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Mein Leben als Asperger-Autistin während der Covid-19-Krise

Es bricht Ende 2019 ein gefährlicher Virus auf der Welt aus und alle Länder dieser Erde sind zu Recht in Aufruhr, diesen Virus unter Kontrolle zu bekommen. Ich rede von Covid-19, ein Virus, der die Lunge befallen und zum Tod bei immungeschwächten Menschen führen kann. Ein wahnsinniges Hilfsnetz wird aufgebaut, provisorische Krankenhäuser errichtet, das öffentliche Leben lahmgelegt.

Ich möchte jetzt nicht auf die große Menge der Krankheits- und Todesfälle eingehen, sondern auf etwas ganz anderes…

Wie begegne ich dieser Situation als Betroffene des Asperger Syndroms? Damit spreche ich nur für mich, nicht für andere. Bitte den Blog nicht verallgemeinern. Es gibt autistische Menschen, die leben in Betreuungen und dort ist es besonders bedrückend, weil die Übertragung des Virus stärker sein kann, als bei einem unabhängigen Menschen, der sich isoliert zurückzieht.

Die Isolation. Damit bin ich direkt beim Thema dieses Blogs …

Weltweit wird die Isolation angeordnet, um den Virus unter Kontrolle zu bekommen. Ich nahm zu vielen Autisten in dieser Zeit per Internet Kontakt auf und fragte nach deren Wohlbefinden, denn mein eigenes kam mir plötzlich beschämend und peinlich vor. Wieder einmal zeigt sich, wie anders ich gegenüber den Menschen ohne Autismus wahrnehme und fühle. Für mich bedeutet Isolation Ruhe, Stille, atmen können, Zurückgezogenheit und Wohlbefinden. Ist das verrückt? Auch die Rückmeldungen Mitbetroffener waren ähnlich meinen Gefühlen.

Ich befinde mich in der glücklichen Position, als freiberufliche Autorin von daheim aus meine Bücher schreiben und vertreiben zu können. Ich muss nicht raus, um eine Arbeitsstelle zu erreichen, sondern nur zum Einkauf oder Wandern. Damit möchte ich gerne mal meine kleine Welt vorstellen:

Ich mag es, isoliert von anderen Menschen zu leben
Ich mag es, isoliert von anderen Menschen zu arbeiten
Ich mag es, mich alleine zu beschäftigen
Ich mag es, Stille um mich zu haben
Ich mag es, spät abends Einkaufen zu gehen, wenn die Geschäfte leer sind
Ich mag absolut kein Bummeln in der Stadt
Ich mag es, Kontakt zu Freunden übers Internet und zur Familie übers Telefon zu halten
Ich mag es, wenn die Straßen leer sind
Ich mag es, wenn ich beim Wandern oder Spazierengehen niemandem begegne
Ich mag es, wenn die Welt eine Art Stillstand hat

Das sind alles Dinge, die von den Regierungen dieser Welt derzeit von allen Menschen gewünscht werden.

Sind Autisten wie ich jetzt im Vorteil?

Ich weiß, dass die Wirtschaft sehr leidet, deswegen arbeite ich jetzt besonders hart, um Verdienst einzufahren, keine Förderungen in Anspruch zu nehmen, und meine Steuern zahlen zu können. Doch, was ist mit den Menschen, die unter dieser Situation sehr leiden? Die in völlig anderen Strukturen leben, Nähe suchen, direkte soziale Kontakte vermissen, Versorgung benötigen, sich alleine unwohl fühlen, sich nicht beschäftigen können oder sogar das enge Zusammensein mit der Familie in die Aggression treibt?

Genau in diesen Momenten zeigt sich, wo die Unterschiede von autistischen und nicht autistischen Menschen liegen können. Ich weiß, dass viele Autisten öffentlichen Arbeiten nachgehen, sofern sie es bewältigen können. Für sie ist die Veränderung auch sehr schlimm, weil Abläufe durcheinander kommen und Systeme zerfallen. Doch ich weiß inzwischen von vielen Autisten, wie sehr sie sich wohl fühlen.

Muss sich ein Autist dafür schämen?

Also, ich schäme mich nicht, wenn ich durch mein Fenster hinaussehe, nichts als Stille und Ruhe sehe. Ich darf endlich sein, so kommt es mir vor. Der Motor in meinem Kopf kommt zum Stillstand, wenn ich raus gehe und nichts als Langsamkeit und Distanz wahrnehme.

Es kommt mir vor, als wenn wir nach wie vor in zwei Welten leben, die NTs und die Autisten. Nur die Seiten haben sich gewendet. Jetzt spürt der Mensch ohne Autismus vielleicht, wie schwer es ist, in genau der umgedrehten Welt zu leben.

Trotz allem wünsche ich allen Menschen, dass bald wieder Normalität einkehrt und jeder sein gewohntes Leben weiterleben kann.

Ich verbiete mir im Abschluss dieses Blogs, dass mich Menschen jetzt in den Kommentaren deswegen beschimpfen oder mich als unempathisch darstellen. Es sei erwähnt, dass ich seit Beginn der Krise in keine Panik gefallen oder Hamsterkäufe getätigt habe. Im Gegenteil, ich bin eine von denen, die plötzlich vor fast leeren Geschäften stand und die Rücksichtslosigkeit vieler Menschen nicht nachvollziehen konnte.

Ihr Lieben, vergesst nicht, ich lebe unentwegt in eurer Welt und beschimpfe euch deswegen auch nicht. Also, bitte den nötigen Respekt wahren, wenn ihr euch äußern wollt. Vielen Dank!
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Die Überforderung

Gestern war wieder ein ganz typischer Tag, an dem ich die Überforderung, die mich im Alltag oft einholt, gut darstellen kann.
Viele Nicht-Autisten werden jetzt wahrscheinlich die Hände über den Kopf zusammenschlagen und sagen: „Das ist nicht wahr…“
Doch, es ist wahr!

Ich hatte nur einen einzigen kleinen Termin in einer etwas größeren Stadt. Der Termin drehte sich um meine Insulinpumpe. Ich brauche eine neue und der Hersteller lud mich zu einem einstündigen Info-Vortrag am Abend ein, um mir das neueste Pumpen-Modell vorzustellen.
Meine Alltagsplanung war dahin, und das für nur gerade mal 1 Stunde.

  1. Problem:
    Wenn ein Termin gegen Abend in einer größeren Stadt stattfindet, muss ich sehr gut planen, wie früh ich bereits in der Stadt anreise, um nicht in den Abendverkehr zu kommen und eventuell den Termin zu verpassen. Ich hasse es, zu spät zu kommen. Also plane ich die Anreise am frühen Nachmittag ein, um sicher zu sein, auch zeitig zum Termin zu erscheinen.
  2. Problem:
    Ich muss meinen Arbeitsablauf komplett abändern und die ganze Tagesarbeit in den Vormittag schieben. Also ist höchste Konzentration gefordert.
  3. Problem:
    Ich muss mein Mittagessen, das ich immer gegen Nachmittag einnehme, in den Mittag verschieben. Habe dann aber noch keinen Hunger, also verzichte ich vorsichtshalber auf das Frühstück.
  4. Problem:
    Ich komme in einer Großstadt an und muss mich einige Stunden dort unter vielen Menschen irgendwie aufhalten, obwohl ich schon erschöpft bin von der veränderten Arbeits- und Essenszeit. Ich suche ruhige Orte, um Lautstärke und Bewegungen um mich herunterzufahren.
  5. Problem:
    Kurz vor dem Termin bin ich komplett ermüdet und schlafe am Tisch eines Cafés ein.
  6. Problem:
    Nun muss ich eine Stunde einem Vortrag folgen, bei dem ich so gut wie nichts mehr wahrnehme. Also konzentriere ich mich mit letzter Kraft. Viele Menschen sitzen um mich herum, rascheln und flüstern. Ich kann die Worte des Vertreters der Pumpe deswegen kaum verstehen.
  7. Problem:
    Der Vertreter der Insulinpumpe nimmt die Bestellung einer neuen Pumpe anschließend direkt auf, doch da sich so viele andere Menschen zu dem Vortrag eingefunden haben und noch im Raum diskutieren, wird die Geräuschkulisse für mich so groß, dass ich die Erklärungen des Herstellers nicht verstehe. Meine Augen brennen, ich habe Ohrensausen und bekomme ein Gefühl, das sich wie Fieber anfühlt. Ich nicke nur noch zu allem, um möglichst schnell der Situation zu entkommen.
  8. Problem:
    Im Parkhaus ist der Zahlungsautomat kaputt, er nimmt kein Bargeld an. Ich muss mit der Giro-Karte zahlen. Neuer Stress entsteht, weil ich noch nie mit einer Karte dort bezahlt habe.
  9. Problem:
    Ich entnehme die Karte nach dem Zahlungsvorgang und vergesse das Parkticket im Automaten, weil ich es gewöhnt bin, immer nur eine Karte zu entnehmen. Diesen Vorgang habe ich ja schon mit der Giro-Karte erledigt, also führe ich den weiteren Vorgang nicht mehr aus. An der Schranke bemerke ich das vergessene Ticket und renne zum Automaten zurück. Doch es ist weg.
  10. Problem:
    Ich muss Kontakt zu einer fremden Person über die Hilfe-Taste aufnehmen und ihr meine Situation erklären, damit man mir die Schranke öffnet. Ich bringe alles durcheinander und frage mich, ob man meine Erklärung überhaupt versteht. Lacht man mich jetzt aus?
  11. Problem:
    Ich finde kaum durch den Verkehr, weil sich alles um mich herum dreht.
  12.  Problem:
    Als ich wieder daheim ankomme, sind beide Augen so stark überreizt, dass ich kaum noch etwas sehen kann. Ein immer wiederkehrendes Problem bei mir bei Überforderungen. Ich kann den Alltag am nächsten Tag nicht mit der gewohnten Arbeit am Computer aufnehmen.

Was sich wie ein Krieg anhört, ist für mich oft Alltag. Dabei handelte es sich nur um einen kurzen Termin am Abend. Zu dieser Zeit kann ich so gut wie nichts mehr aufnehmen. Deswegen werden solche Termine für mich oft zu einer Art Höllentour, doch sie lassen sich leider nicht immer verschieben, weil es öffentliche Termine sind. Als Autistin bin ich dann oft „raus aus dem Spiel“. Was für Menschen ohne Autismus nur ein geringer Kraftaufwand ist, bringt bei mir ganze Welten durcheinander. Das ist der Grund, weshalb ich nicht einer regulären Arbeit mit einem Arbeitgeber nachgehen kann. Wie sollte ich ihm dieses Problem erklären, wenn er sich nicht gerade mit Autisten auskennt?

Wie gut, dass ich freiberufliche Autorin bin. Das Glück haben nur wenig Betroffene. Ich kann den Tag beginnen, wann immer ich will und werde jetzt erst mal die überreizten Augen wieder „entreizen“. Neuer Stress entsteht, denn ich muss die fehlende Arbeitszeit aufholen, die mir mein Perfektionismus vorgibt. Ein weiteres Thema, über das ich bereits schrieb…

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Autismus und Fehlhörigkeit (auditive Wahrnehmungsstörung (AWS) )

Die Frage: „Wie können Sie am besten ihre Bücher schreiben?“ habe ich stets mit „In totaler Ruhe und Einsamkeit“ beantwortet. Ich kann mich auf nichts konzentrieren, sobald ich etwas höre oder Bewegungen um mich sind. Das war schon in meiner Kindheit so und hat mir in der Schule schwer zu schaffen gemacht. Wenn ich mir einen Platz in der Klasse aussuchen durfte, wählte ich ihn immer weit vorne. Ich wollte keine anderen Schüler dazwischen haben, die mich ablenkten. Jedes Geräusch und jede Bewegung unterbrachen mich in meinen Gedanken. Es ist mir heute noch unmöglich, im Garten ein Buch zu lesen, wenn ich Nachbarn um mich habe, die zur gleichen Zeit draußen sind wie ich. Auch im Haus kann ich nur lesen und schreiben, wenn alles komplett ruhig ist. Sobald ich gestört werde, verliere ich den Anschluss, was mich nicht selten sehr wütend macht.
Ich konnte noch nie in Gegenwart eines anderen irgendwelche Unterlagen lesen, verstehen und unterschreiben. Musste sie stets in einem ruhigen Moment lesen.

Erst letzte Woche fand wieder eine der typischen Situationen statt, in denen ich mit meiner Fehlhörigkeit auffiel. Ich stand am Schalter meiner Bank und fragte etwas. Im gleichen Moment begann hinter mir ein Mann mit seiner Frau zu reden und ich konnte die Antwort der Dame hinter dem Bankschalter nicht verstehen. Also fragte ich erneut nach. Sie erklärte mir natürlich alles noch einmal, doch der Mann hinter mir redete weiter. Als ich erneut erklärte, dass ich die Dame nicht verstehen würde, fragte sie mich, ob ich schwerhörig wäre. Nein, im Gegenteil, ich höre zu viel, erklärte ich ihr. Ich höre nämlich alles um mich herum, auch wenn andere in meiner Nähe reden. Ich verstehe jedes Wort und das macht es mir oft schwer, alles zu selektieren. Die Dame hatte natürlich Verständnis und wartete, bis der Mann hinter mir leise war.

So ergeht es mir häufig, doch im Laufe des Lebens entwickelte ich Strategien, um nicht aufzufallen. Da es sich oft um immer gleiche Abläufe handelt, lernt man praktisch wie ein Blinder zu sehen, indem man sich erinnert, wie alles aussah. So prägte ich mir natürlich Reaktionen ein, die in den meisten Fällen funktionieren, obwohl ich nichts verstehe.

Meine Fehlhörigkeit kann auch der Grund sein, warum ich Musik besonders gerne laut höre. Damit schalte ich alle Geräusche um mich herum aus und kann mich entspannen. Das macht sich besonders beim Autobahnfahren bemerkbar. Ich glaube, es hält kaum einer aus, mit mir zu fahren, wenn ich durch Musik den Stress bekämpfe. Es muss eine besondere Musik sein, die sich ständig wiederholt. Was andere nervt, entspannt mich.

Was passiert, wenn ich zu Lesungen auf Buchmessen muss?
Das ist Stress pur für mich, aber auch gleichzeitig eine große Freude, weil ich mich dabei in meinem Spezialinteresse befinde. Das wirkt wie eine Art Ausgleich. Doch der Moment, in dem ich lese und gleichzeitig die Hintergrundgeräusche des Messebetriebes höre, wird es wirklich stressig für mich. Ich kann mich nur schwer auf den Text konzentrieren und Fragen der Zuhörer nur unter großer Mühe beantworten. Lesungen in kleinem Rahmen sind hingegen sehr schön für mich. Dort ist es ruhig und ich kann die Stimmen und Geräusche besser selektieren.

Das Telefonieren ist ein weiteres Problem. Dabei treffen gleich zwei Probleme aufeinander. Zum einen mein Problem mit der spontanen sozialen Interaktion und der Fehlhörigkeit. Ich kann oft nicht angemessen auf Gespräche am Telefon reagieren, sondern rufe eingeübte Reaktionen ab, so dass andere mein Problem nicht bemerken. Nach dem Gespräch fallen mir dann die Antworten ein, die ich gerne gegeben hätte, doch sie waren im Moment des Gesprächs nicht abrufbar. Außerdem mag ich keinen Smalltalk.
Das andere Problem ist, dass ich durch schlechte akustische Signalqualität nicht alles verstehe und mich oft nicht traue, den anderen zu unterbrechen. So kommen bei mir nur Gesprächsfetzen an, die ich so gut es geht beantworte.
Viele Menschen können mein „Telefon-Problem“ nicht verstehen, weil ich doch immer so freundlich wäre, doch ich erkläre ihnen, dass es mich sehr viel Konzentration kostet, ein solches Gespräch zu führen. Es schenkt mir kein Wohlgefühl, wirklich nicht. Das führt natürlich dazu, dass ich wieder einmal als seltsam wahrgenommen werde.

Das Kaschieren von Problemen verursacht ein Unverständnis in der Gesellschaft. Doch ich frage mich, ob das Erklären und Zeigen meiner Probleme nicht das gleiche bewirkt…
Passen Freundlichkeit und Probleme überhaupt zusammen? Was ist also der richtige Weg?

Hier die Symptome der auditiven Wahrnehmungsstörung:

  • Geräuschüberempfindlichkeit,
  • Verwechseln oder Vertauschen ähnlich klingender Laute,
  • mangelhaftes Lokalisieren einer Schallquelle,
  • mangelhaftes Sprachverständnis bei lautem Geräuschhintergrund,
  • Überhören von Ansprache,
  • schlechtes Sprachverständnis bei schnell gesprochenen Sätzen,
  • mangelhafte Fähigkeit von Lauterkennung und Lautverschmelzung
  • visuelle Informationen werden bevorzugt und leichter verarbeitet als akustische,
  • Kinder sind beim Verstehen von Sprache auf das Mundbild angewiesen,
  • Schwierigkeiten beim Telefonieren aufgrund der reduzierten akustischen Signalqualität,
  • sekundäre psychische Symptome, oft ruhige und zurückgezogene Kinder und Jugendliche.

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Autismus und Sehnsucht

Immer wieder höre ich von Betroffenen des Asperger Syndroms, dass sie eine große Sehnsucht in sich spüren, aber nicht wissen warum.
Auch ich kann mich dem nur anschließen. Sehnsucht ist ein großes Thema in meinem Leben gewesen. Sehnsucht bedeutet, dass die Lebenslage in der man steckt, nicht stimmig mit der Persönlichkeit ist. Also: Hier stimmt was nicht, um es salopp zu formulieren. Mit der Sehnsucht setzt sich eine Suche in Gang. Aber wohin? Und warum? Sollte die Zufriedenheit nicht das im Leben sein, was wir spüren müssen, wenn wir doch alles haben? Und doch bleibt diese Sehnsucht wie ein innerer Drang in unserer Seele und lässt uns nicht zur Ruhe kommen.

Ich möchte den Fall „Sehnsucht“ anhand meines Lebens schildern, und das, was es aus mir gemacht hat. Es gibt nur ein Wort, das mein Leben beschreibt: Getriebenheit. Es trieb mich immer irgendwo hin. Wohin bloß? Die Antwort ist einfach: Zu meiner wahren Authentizität, die mir bis zu meinem 48. Lebensjahr niemand mitteilen konnte. Ich bastelte mir unzählige Antworten zusammen und probierte verschiedene Methoden von Lebensformen aus, um endlich eine Antwort zu finden. Ich beschäftigte mich mit psychischen inneren Vorgängen, Störungen und Krankheiten, um endlich eine Antwort zu finden. Doch was fand ich stets? Keine Antwort, sondern nur eine neue Getriebenheit. Woran lag das nur?

Ich hatte meine wirkliche Sehnsucht nicht umgesetzt. Sie hatte sich immer nur oberflächlich gezeigt und ich hatte immer auf die anderen gehört, die mir Antworten lieferten. Sie hatten mir die Welt erklärt, in der ich zu leben hatte. Meine tatsächlichen inneren Sehnsüchte wirkten lächerlich und wurden von vielen nicht anerkannt. Kaum jemand diskutierte mit mir darüber. Ich wurde stets abgewürgt, sobald ich begann zu erzählen. Es waren die Fremden, die meine Sehnsüchte verstanden, doch mit ihnen lebte ich ja nicht. Sie waren nur kurze Weggefährten, die ähnliche oder gleiche Sehnsüchte in sich verspürt hatten. Mich interessierte, wie sie endlich zu ihrer inneren Ruhe fanden? Sie sagten: Die Sehnsucht selbst ist deine Antwort. Folge ihr, lebe sie und du wirst das sein und spüren, was du wirklich bist.

Nun, meiner wirklichen Sehnsucht zu folgen, sie zu stillen bedeutete Veränderung, die ich hasse, ich meine eine große Veränderung. Sie bedeutete für mich ein komplettes Programm von meiner Festplatte zu löschen, um ein neues zu installieren, ohne zu wissen, ob es funktioniert.
Ich wagte einige Male das Löschen meines Programmes und in ein neues Leben zu finden, doch es war nicht der Erfolg, den ich spüren sollte. Was nur lief falsch in mir?

Viele Menschen mit Autismus stellen sich diese Frage, ohne eine Antwort zu finden? Dabei ist sie so einfach: Nichts läuft falsch „in“ dir. Falsch läuft es „außerhalb“ von dir. Deine Lebensbedingungen stimmen nicht. Lebensbedingungen, die ein jahrelanges Kämpfen im Leben von Menschen mit Asperger Syndrom verursachen. Der Kampf um etwas, das nicht zum Erfolg führt, weil es die wahren inneren Sehnsüchte nicht erfüllt. Er macht krank.

Meine tiefste innere Sehnsucht bestand immer aus der Suche nach Ruhe und Einsamkeit, doch was fand ich? Unruhe und massenhaft Menschen um mich. Anstatt mich zurückzuziehen, suchte ich die Erfüllung meiner Sehnsucht in einer Gesellschaft, die mich beruflich und familiär immer tiefer ins Destaster stürzte. Mein Beruf war falsch und die Familie wuchs ins Unermessliche. Für mich war nichts mehr überschaubar. Meine Suche fand kein Ziel.
Klar!
Ich befand mich auf dem falschen Pfad. Anstatt raus aus allen, lief ich mitten hinein.

In mir existiert eine tiefe Sehnsucht nach einer Form der Ruhe, die mich außerhalb der Gesellschaft leben lässt und mir trotzdem die Gelegenheit gibt, in sie hineinzugehen, wenn ich Kraft dazu habe. Also praktisch das Häuschen mitten in der Natur am Rande eines kleinen Ortes, von dem ich weiß, dass dort andere Menschen leben, die ich hin und wieder gerne sehe. Aber ich kann keinen permanenten Kontakt aushalten. Das ist wie eine 24-Stunden-Arbeitsstelle ohne Pause. Das ist der Autismus in mir. Er benötigt Auszeiten, Ruhezeiten und Rückzug, weil ich alles um so vieles stärker wahrnehme und verarbeite als Menschen ohne Autismus. Während ich unter Menschen bin, hört sich mein Innerstes wie eine Fabrik voller Maschinen an, die ununterbrochen laufen und so laut sind, dass ich mich kaum konzentrieren kann.

Meine Sehnsucht hat ein ganzes Leben lang nur daraus bestanden, eine bestimmte Lebensform zu finden. Auch Menschen, die das verstehen und mir den Rückzug genehmigen, anstatt ihn mir auszureden, weil er ihren Bedürfnissen nicht entspricht.

Ich habe mich durchgesetzt, nach vielen Jahren intensiver Suche, und fand das Haus in der Natur am Rande eines kleinen Ortes. Ich fand keine psychische Störung oder Erkrankung in mir, sondern einfach nur mein wahres Ich auf dieser Erde, das Alleinsein, den Rückzug und die Ruhe. Die Sehnsucht gab mir die Antwort.
(Meine Blogs gibt es auch zusammengefasst als eBook oder  Printausgabe zum Lesen)

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Die Manipulation

Mal wieder ein Gedanke von mir.

Ich habe als Autistin große Probleme, auf Anhieb unehrliche und hinterlistige Methoden zu durchschauen. Deswegen mag ich keine manipulativen Vorgehensweisen.

Beispiele:

Werbung regt mich furchtbar auf!! Egal wo ich mich befinde, werde ich von allen Seiten damit bombardiert. Ich rede nicht von informativer Werbung, sondern von der, die mich betrügen will – manipulative Werbung. Ungesundes wird als Gesundes verkauft, Unnötiges als das Wichtigste überhaupt.
Ich frage mich: Merken das so wenig oder warum leben diese Werbe-Riesen immer noch von ihren Fakeprodukten?

In unzähligen Tests wurde erwiesen, dass die meisten Werbesprüche „legal“ illegal sind. Es wird z.B. von wenig Zucker gesprochen, aber nicht davon, wie viel Süßstoff hinzugefügt wurde, was noch mehr Hunger verursacht. Oder davon, dass ein Produkt „kein Zucker“ enthält und das Lebensmittelgesetz eine Toleranzgrenze hat, die doch noch ein paar Löffel zulässt. „Gesunde Cerealien“ sind der reinste Mist für den Körper. Das bisschen Gemüse auf der Pizza wird als „die“ gesunde Ernährung schlechthin verkauft. Und dann immer diese gesund und schlank aussehenden Menschen, die das alles essen…

Der chemische Reiniger, der komplett verdreckte Wohnungen plötzlich wieder in Hochglanz versetzt. Wer lebt denn so? Wie lange muss ich verdrecken, damit ich so eine „verranzte“ Wohnung habe und diesen Reiniger überhaupt brauche? Es liegt doch auf der Hand, dass man damit nur einen extrem scharfen und giftigen Reiniger verkaufen will.

Und dann diese Autowerbung, die so oft mit der Natur in Einklang gebracht wird… Es gibt für unsere Natur nichts Gesünderes, als mit dem Wagen durchzudüsen… ist doch klar!

Das Handy/Smartphone, was uns alle glücklich macht. Familien, die zusammensitzen und jeder schaut in sein Ding… Oh, wie schön!! Alle sind glücklich.

Ich frage mich immer: Wer glaubt denn so was?
Die Verkaufszahlen belegen, dass es sehr viele Menschen gibt, die sich davon manipulieren lassen.

Ich vermisse ehrliche Produktwerbung, die mich informiert. Die sich nicht als Betrug erweist und mir eine realistische Entscheidung abverlangt, ob ich das Produkt wirklich brauche. Doch leider regiert das Geld die Welt. Es geht nicht um die Zufriedenheit und das einfache Leben, nein, es geht um die Gier, die den Menschen über die Werbung eingepflanzt wird. Die Gier des Herstellers und die Gier des Konsumenten. Der sogenannte Luxus, der Glücksgefühle verspricht.

Glück? Ein Spiel in einer Liga, der ich nicht angehören will. Es widerstrebt mir.  Mein Blick fällt meist auf die unbekannten Produkte, die nicht in Sichthöhe stehen. Ich muss also einen Blick mehr riskieren, um sie zu finden.

Haben die Hersteller von Betrugsprodukten kein Gewissen? Die sind die wahren Feinde der Menschen und Ärzte, oder wie seht ihr das?
Die Krankenkassen kämpfen um deine Gesundheit und die Medien kämpfen um dein Geld, was als Folge Krankheiten verursacht. Ein Teufelskreis, wenn man sich darauf einlässt.

Es ist mir immer wieder ein Rätsel, wie Lüge und Wahrheit so nahe beieinander existieren können, obwohl doch alle die Lüge kennen. Ich mag es überhaupt nicht, wenn man mich belügt und deswegen mag ich all diese Werbung in den Medien nicht und halte nur Ausschau nach ehrlicher Produktinformation.
Jede Werbung könnte ohne die Übertreibungen die Welt um so vieles gesünder machen. Wir hätten viel weniger Probleme und könnten uns mehr untereinander trauen, wenn die Medien mehr kontrollieren würden.

Wie traurig, dass die Kinder in so einer Welt heranwachsen müssen. Wie können sie vertrauen lernen, wenn fast jedes Kind ein Gerät der Manipulation täglich in der Hand hält? Die Eltern müssen sich doch im Klaren darüber sein, dass sie damit psychische und körperliche Störungen ihres eigenen Kindes in die Wege leiten.

Ich als Autistin kann der Entwicklung der Welt oft nicht folgen. Für mich ist alles noch viel schwerer zu durchschauen und zu verstehen, als für Menschen ohne Autismus. Ich verstehe die Welt deswegen nicht, weil sie unlogisch ist. Ich kann nur logische Dinge verstehen. Dazu gehört die Natur, die auch von Menschen manipuliert wird. Sie zeigt logische Reaktionen und alle sind entsetzt.

Ich stelle mir beim Einkauf immer die Frage: Brauche ich das wirklich? Ist das wirklich lebensnotwendig für mich? Ich lebe sehr rationell und funktional.
Ich stelle mir immer häufiger die Fragen, ob viele Menschen es mögen, sich täuschen zu lassen. Ist das der Wunsch, um den vielen Einflüssen zu entkommen? Wo ist die Logik? Wäre es nicht einfacher, vieles zu meiden anstatt es mit „Traumwelten“ zu bekämpfen?

Der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten, das weiß ich, aber er lässt sich erträglich reduzieren, wenn man sich nicht so viel manipulieren lässt. Das innere Glück entscheidet über unsere Süchte. Jede Manipulation erschüttert unser inneres Gleichgewicht und macht alles noch schlimmer.

Ich kann mich nicht erinnern, je auf irrationale Werbung reagiert zu haben. Was mir wirklich zu schaffen macht, ist die Tatsache, dass mir die Welt, wenn sie sich so weiterentwickelt, bald nicht mehr viel „Luft zum Atmen“ lässt. Ich besitze kein Handy, weil mich die Technik und Erreichbarkeit krank machen. Dadurch bin ich mittlerweile eingeschränkt, am Leben teilzunehmen. Schon als Kind träumte ich von einer einsamen Hütte im Wald …
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Einspruch gegen Fehldiagnose

Nach langen Überlegungen möchte ich Teile meines Einspruchs gegen eine Fehldiagnose von mir veröffentlichen, weil ich denke, dass es einigen Mut machen könnte, sich zu wehren. Vor allen Dingen dann, wenn Diagnosegespräche sehr „schief“ verlaufen, sage ich mal salopp. Schaut doch mal, was ich geschrieben habe…

Hiermit möchte ich Einspruch gegen die Diagnose „Kein Anhalt für ein Asperger Syndrom“ einlegen. Frau Dr. X hatte vier Termine zu jeweils einer Stunde dafür eingeräumt.
Begründung:
1. In der Beschreibung der Anamnese sind erheblich inhaltliche Fehler aufgeführt

  1. In der Störungsspezifischen Eigenanamnese sind erhebliche inhaltliche Fehler aufgeführt
  2. In der Familienanamnese fehlt eine wichtige Erläuterung
    4. In der Biografie sind erhebliche inhaltliche Fehler aufgeführt
    5. Fehlendes Gespräch mit Angehörigen (wurde von Dr. X nicht gefordert, bzw. als
    nicht nötig befunden)Zu näheren Erläuterung:

    Punkt 1

    Ich habe nach Gesprächen mit der Autismus-Ambulanz Wuppertal und der Leitung der SHG Düsseldorf und Wuppertal die Zusage bekommen, trotz nicht vorhandener Diagnose zu einem Treffen kommen zu dürfen. Dort haben sich in der Gesprächsrunde schnell Übereinstimmungen mit diagnostizierten Teilnehmern gezeigt, so dass ich zu den Gruppen zugelassen wurde. Das Problem mit Diagnosen bei Frauen im fortgeschrittenen Alter sei dort allgemein bekannt und wird oft diskutiert.

    Ich habe nicht gesagt, dass ich nie das Gefühl habe, dass mein Leben nicht schön sei, sondern dass mein Leben sich sehr anstrengend anfühlt und ich oft aus unerklärlichen Gründen erschöpft bin. Auch dazu neige, bei Überforderung in eine Verstummung oder Erstarrung zu fallen. Das habe ich von Kindheit an.

Feiern oder Treffen mit vielen Menschen erschöpfen mich sehr. Immer wieder falle ich durch unangemessene Beiträge auf (dann befinde ich mich noch im eben besprochenen Thema und konnte dem Wechsel nicht folgen) oder werde sogar ausgelacht, weil ich vieles falsch verstehe. Das macht mich später sehr aggressiv und mich plagt ein schlechtes Gewissen oder sogar Schuldgefühle. Das teilte ich im Gespräch mit und wurde nicht wahrgenommen.

Meine berufliche Situation ist völlig falsch dargestellt worden.
Ich konnte nach meiner Lehre als Erzieherin nicht in einem Kindergarten arbeiten, weil ich mit den vielen Menschen, Geräuschen und Situationen nicht klarkam. Ich wurde dort gemoppt, weil ich vieles falsch verstand. Ich fühlte mich jedoch immer zu „auffälligen“ Kindern hingezogen – Einzelgänger oder mit auffälligen Verhaltensweisen. Zu diesen Kinder bekam ich guten Kontakt, so dass ich mich schnell auf sie konzentrierte und den Überblick über die Gruppe verlor. Das hatte eine Kündigung zur Folge. Zu der Leitung von Gruppen folgt später noch eine Darstellung.

In meinen Tagebüchern aus meiner Jungend berichte ich immer wieder über meine Außenseiterposition. Dass ich nicht in die Welt meiner Mitschüler hineinfand. (Typischer, sich immer wiederholender Satz: Ich bin nicht von dieser Welt) Ich konnte keine Empathie für sie entwickeln, zog mich immer schon in mein Zimmer zurück, schrieb viele Geschichten und kam merkwürdigen Interessen nach, die niemand interessierten. Ich hatte in meiner Kindheit und Jugend keine Freunde im üblichen Sinne und empfand nur meinen Wellensittich als einzigen Freund. Ich konnte mich als Kind sehr gut mit mir selbst beschäftigen, was meinen Eltern immer gut gefiel.

Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass ich nie mit Nachdruck meine Meinungen durchsetzen wollte und konnte (und schon gar nicht bei Eltern)  und die Betitelung „extrem“  aus dem Zusammenhang gerissen wurde, weil ich Dr. X zwischendurch mitteilte, dass ich unter einem Schwarz/Weiß-Denken leide.  Doch das erwähnte ich in einem anderen Zusammenhang.

Punkt 2

Blicksteuerung: Ich wurde nicht in meiner Kindheit zum Blickkontakt aufgefordert, sondern später von meiner Psychologielehrerin in der sozialpädagogischen Fachschule, weil ich Erzieherin lernte und der Blickkontakt ein unerlässlicher Kommunikationsfaktor ist. Die Lehrerin übte dieses Verhalten mit mir über mehrere Wochen. Allerdings kann ich mich bei einem Gespräch nicht gut konzentrieren, wenn ich den anderen ansehe, weil ich ständig auf die veränderte Mimik achte, die mich ablenkt. Das macht mich nervös und dadurch entgeht mit oft 50% des Gesprächsstoffs.

Ich habe mitgeteilt, dass ich nach einem Umzug meine direkten Nachbarn viele Wochen nicht erkennen konnte, obwohl ich sie öfter sah. Sie kamen mir immer wieder wie Fremde vor und erst nach ca. 2 Monaten prägten sich die Gesichter bei mir ein. Das ergeht mir häufig so. Selbst nach 7 Jahren in einer Reihenhaussiedlung erkenne ich nicht alle Nachbarn, sondern nur die engsten. Alle anderen erscheinen mir fremd, obwohl ich sie hin und wieder sehe.

Soziale Einbindung, soziale Bedürfnisse
: Viele Menschen suchen meinen Kontakt, weil ich ihnen sehr interessant erscheine. Ich weiß aber nicht warum. Man teilte mir öfters mit, dass ich als „unnahbar“ erscheine und das viele neugierig macht. Dadurch habe ich viele sogenannte „Bekannte“. Ich habe keine „festen Freunde oder eine Freundin“.  Ich helfe gerne, kann meine Grenzen aber oft nicht finden und werde viel ausgenutzt. Solange, bis ich zusammenbreche. Deswegen musste ich nach 4 Jahren einmal meine Arbeit bei einer ambulanten Sozialstation aufgeben.

Ich ging als Jugendliche in keine Disco im üblichen Sinne. Ich fand durch Zufall eine Nachbarin, die mit mir in eine Rock-Disco fuhr. Ich mochte dort die extrem laute Heavy Metall Musik, die mich sehr beruhigte. Und außerdem kam dadurch kein fremder Kontakt zustande, was mir sehr angenehm war. Ich bin zwar sehr geräuschempfindlich (kann mich bei Geräuschen nicht konzentrieren) , aber gefällt mir die Musik, kann ich sie extrem laut hören. Ich mag überhaupt keine Feiern, Partys oder Diskotheken sonst und mied/meide sie wo immer es mir möglich war/ist. Zudem höre ich stereotypisch Musik, immer die gleiche CD. (Ich esse auch stereotypisch, ändere selten meinen Speiseplan)

Sprachpragmatik, interaktionelle Fantasie: Ich habe sehr starke Routinen und Rituale, gerade was den morgendlichen Ablauf betrifft. Ich werde sehr aggressiv, wenn man ihn unangemeldet durcheinanderbringt. Ich sagte, das ich keine Probleme habe, wenn sich der Ablauf „geplant“ verändert.  Ich arbeite freiberuflich als Autorin und wenn sich meine Aufgabengebiete verändern, dann kann ich auch meine morgendlichen Rituale verändern.
Ich werde allerdings sehr ungehalten, wenn jemand meine Abläufe ungeplant durcheinanderbringt, z.B. der Einkauf dauert länger als geplant, oder der Besuch bleibt länger als angekündigt, oder ich werde im Garten durch Nachbarn bei der Arbeit aufgehalten, die ich zeitlich exakt eingeplant habe.
Ich lebe sehr stereotypisch, allerdings verschiebe ich gerne Möbel, weil ich, je nach Jahreszeit, immer die optimale Möbelstellung suche. Das hat mit dem Blick aus dem Fenster oder mit der Heizung zu tun. Meine Bedürfnisse verändern sich diesbezüglich. Im Sommer kann ich nicht durch ein sonnendurchflutetes Fenster sehen und stelle das Sofa vor die Heizung, im Winter mache ich es umgedreht. Wärme ist mir ganz wichtig, da ich ständig friere, und das Licht in meiner Wohnung ist stets gelb (farbige Glühbirnen, Lampen, Gardinen), weil ich kein weißes Licht vertragen kann.

Ich habe sehr wohl Sonderinteressen, nämlich die Psychologie und das Schreiben. Ich schreibe Psychothriller.

Punkt  3
Den Punkt möchte ich gerne näher erläutert wissen.
Meine Mutter hatte zwei Suizidversuche verübt und suizidierte sich in der offen Psychosomatik der Klinik Galkhausen. Die Ärzte dort wussten nicht, weshalb sie an Depressionen litt. Ihr Vater war durch sein merkwürdiges Wesen oft auffällig und suizidierte sich in der geschlossenen Klinik Grafenberg.

Punkt 4

Mein Vater hatte sich von meiner Mutter getrennt, weil er mit ihrem Wesen nicht mehr klar kam. Er beklagte, dass sie nicht über ihre Probleme reden könnte und sich oft verstummt im Schlafzimmer zurückgezogen hatte. Sie hat sich nie als Mutter an Aktionen in der Schule mit anderen Müttern beteiligt und nie Kontakt zu Nachbarn gesucht oder aufgebaut. Sie hatte keine Freundin oder Bekannte, mit der sie sich traf oder austauschte. Sie hatte nur Kontakt zu ihrem Bruder und dessen Frau. Sie wollte jedoch nie auffallen und war stets um Anpassung in dem Bereich bemüht, der ihr möglich war.
Das war der Grund, weshalb mein Vater sich nach eigenen Aussagen eine neue Lebenspartnerin nach 18 Ehejahren suchte.

Ich bin drei Jahre sehr gerne in die Grundschule gegangen und habe bis zu diesem Zeitpunkt immer gerne gelernt. Das endete durch einen Vorfall Anfang der vierten Klasse: Mein Lehrer schlug mir einmal unfairerweise auf den Kopf, weil ich meine Mitschülerin, die bei einer Zweierreihenaufstellung neben mir stand, aufforderte, endlich still zu sein. Ich empfand den Schlag als ungerecht und wahrscheinlich stärker, als er war und konnte fortan nicht mehr von diesem Lehrer lernen. Mein Abschlusszeugnis wurde so schlecht, dass ich mein Ziel, das Gymnasium zu erreichen, verfehlte. Das machte mich sehr wütend. Der Lehrer sagte, ich könne nicht gut lernen und könne höchstens zur Realschule. Ich ging ungern hin. Dort fassten mich zwei Lehrer immer wieder ungefragt an. Einer fasste mich im Sommer immer an den nackten Schultern an, schüttelte mich und fragte: Was ist nur mit dir los? Und eine Lehrerin kniff mir immer in der Hals und demütigte mich wegen meinen merkwürdigen Geschichten, die ich schrieb, ständig vor der ganzen Klasse. Ich teilte meinen Eltern mit, dass meine Lehrer mich anfassten und mich vor anderen lächerlich machten, doch sie reagierten nicht. Daraufhin verlor ich weitgehend das Vertrauen in meine Eltern.
Ich konnte auf der Realschule nicht mehr lernen, schrieb nur noch fünfen und sechsen und wurde auf die Hauptschule abgestuft. Dort wurde ich Klassenbeste. Es fasste mich niemand mehr an und ich konnte den Realschulabschluss machen, indem ich mich für die 10. Klasse qualifizierte. Ich wollte immer Journalismus studieren, was ich nicht mehr schaffte. Ich lernte widerwillig den Beruf der Erzieherin, weil meine Eltern das wollten. Danach war ich so wütend über meine misslungene Zukunft, dass ich in die USA reiste, um eine Aupairstelle in Kalifornien anzutreten. (Die USA war von meinem 10. Lebensjahr an mein Spezialthema) In dieser Zeit wurde meine Mutter depressiv, was ich kaum aushielt. Ich wollte mich in Hollywood wegen einer Arbeit als Drehbuchautorin umschauen. Ich schrieb als Jugendliche Tag und Nacht Krimis und Geschichten.

Ich habe nie einen Kindergarten geleitet, sondern nur 4 Monate eine Kiga-Gruppe. Verlor aber die Stelle, weil ich den Überblick verlor und gemobbt wurde (siehe Kommentar am Anfang).
Ich habe danach 4 Jahre lang über das kath. Bildungswerk Mettmann Kleinkindergruppen mit Eltern geleitet. Das konnte ich überblicken. Und dort fielen mir hin und wieder einige Kinder auf, die besondere Begabungen oder Verhaltensweisen zeigten, so dass ich die Eltern um Abklärung bat und ihnen Anlaufstellen gab. Das entsprach aus meiner Sicht auch der Aufgabe einer Erzieherin. Leider kamen die Eltern meinem Rat nicht nach, so dass ich erlebte, wie diese Kinder immer auffälliger wurden(sich die Haut aufkratzten, andere schlugen oder generell nicht in die Aufmerksamkeit der Gruppe fanden. Später traf ich zwei von den Mütter, die mir in Nachhinein mitteilten, dass sich eine Hochbegabung bei ihren Kindern zeigte. Ein Kind musste sogar einige Zeit in einer Psychiatrie verbringen. Das bewies, dass ich nicht falsch lag). Das machte mich innerlich wütend, aber ich zeigte es nicht, blieb stets freundlich. Ich habe aus diesem Grunde die Gruppe nicht verlassen, sondern weil ich unabhängiger arbeiten wollte. Die Auflagen des Bildungswerkes wurden mir zu kompliziert. (Es wurden zu viele Berichte, Ablaufdokumentationen und Reflexionen verlangt, die mich überforderten.)

Danach eröffnete ich freiberuflich eine Kleinkindergruppe von 10 Kindern ohne Eltern in der Gemeinde St. Josef in Langenfeld, die sehr erfolgreich lief. Diese kleine Gruppe überblickte ich noch besser. Sie war sehr beliebt und hatte eine lange Anmeldeliste. Allerdings gab ich die Arbeit auf, als ich einen Konflikt mit meiner Kollegin (Thema Rauchen auf der Toilette mit den Kindern) nicht in der Griff bekam und keine neue Mitarbeiterin fand. Ich musste die Gruppe schließen. Ich arbeite sehr zielgerichtet und erfolgsorientiert und konnte in der Gruppe meine Ziele nicht mehr erreichen.

Punkt 5
Auf meine Frage, ob Frau Dr. X nicht mit Angehörigen sprechen möchte (Mein Mann war sogar zweimal deswegen mitgekommen), reagierte sie ablehnend. Es sei nicht nötig.
Mein Bruder, meine Söhne und auch mein Mann hätten zu der Diagnose aus meiner Sicht beitragen müssen. Mein Vater (77) möchte sich nicht mehr damit auseinandersetzten und ist nach 4 Schlaganfällen nicht mehr belastbar. Aber er teilte mir mit, dass ich erst mit 2-3 Jahren gesprochen habe. Das wäre sehr auffällig gewesen. Auch, dass ich immer sehr gerne und viel geschaukelt habe,  mich von allem und jedem zurückgezogen habe und oft schlecht gelaunt reagierte, wenn man mich aus meinem Zimmer vom Schreiben wegholen wollte.

Ich leide an keinerlei struktureller Störung, denn mein Tag ist stark durchstrukturiert. Ich litt kurzzeitig daran, als ich die Mutterrolle verlor (vor 2 Jahren), habe aber inzwischen meine Alltagsstruktur wieder hergestellt.

Frau Dr. X meinte, es wäre unüblich, dass ich so oft meinen Wohnort wechsle. Das stimmt so nicht, denn ich wechselte nicht oft. Ich bin lediglich einmal mit meiner Familie nach Kanada gezogen, weil ich immer dort leben wollte. Dort brach ich aber vollkommen zusammen, weil ich mit der Großstadt Calgary und dem vielen Fremden nicht zurechtkam und reiste wieder zurück in meine Heimatstadt, in der ich seit 8 Jahren wieder lebe.

Abschließend:
Aufgrund dieser Korrekturen stelle ich die Diagnose „Kein Anhalt für ein Asperger Syndrom“ in Frage. Und es gibt noch viele weitere Punkte, die nie besprochen wurden.
Ich empfand die Fragen, die mir gestellt wurden, als kontraproduktiv und nicht detailliert, so dass ich kaum gezielt antworten konnte. Frau Dr. X machte mich mehrmals darauf aufmerksam, dass sie nur wenig Zeit habe, die Fragen abzuarbeiten. Es blieb kein Raum für persönliche Gespräche oder Zeit, mich näher mit den Fragen zu beschäftigen.  Das verunsicherte mich und ich konnte mich nicht gut konzentrieren. Ich kann mich am besten schriftlich mitteilen und bot an, schriftliche Antworten geben zu dürfen, doch das wurde abgelehnt. Ich hätte zu viel Zeit, die Fragen verfälscht zu beanworten, doch genau das Gegenteil ist bei mir durch die Hochfunktionalität der Fall. Meine extrovertierte Persönlichkeit ist so angelegt, dass ich oft zu schnell antworte und meine Nervosität/Verwirrung überspiele, um der Situation möglichst schnell zu entkommen.  So konnte ich oft nur das mitteilen, was mir auf Anhieb einfiel, ohne es näher zu erklären.

Ich finde, dass in dem Diagnoseschreiben und in meiner Darstellung viele Dinge aus dem Zusammenhang gerissen werden.

Der Bericht wirkt auf mich konstruiert und verletzt durch Begriffe wie „Sie vermutet, sie ist überzeugt und sie identifiziert sich“ meine Persönlichkeit, weil mir unterstellt wird, dass ich mir alles nur einbilde oder ich bewusst täusche, um eine Diagnose zu erlangen. Von diesen Aussagen nehme ich Abstand. Ich kann all meine Aussagen, die ich hier niedergeschrieben habe, belegen. Und ich habe noch eine ganze Menge mehr Anhaltspunkte, die für eine Diagnose wichtig wären.
Es fanden viele für mich unerklärliche Falschdarstellungen statt und Inhalte wurden aus dem Zusammenhang gerissen, so dass es mir vorkam, das sie stimmig mit der Epikrise klingen sollen.

Ich vertraute der Ärztin dennoch während des Gesprächs und nahm die Anfahrt von 150 km dafür in Kauf. Das Vertrauen ist hiermit zerstört.

Ich bitte darum, die Diagnose noch einmal zu überdenken und mich zu informieren.
Vielen Dank und viele Grüße…

Es dauerte 4 Monate, bis ich ein Antwortschreiben darauf bekam. Mir wurde schlicht mitgeteilt, dass es der Klinikleitung leid täte, dass alles so verlaufen sei, und sie bereit wäre, ihre Unterlage für eine neue Diagnose in einer anderen Klinik zur Verfügung zu stellen. Sie wünschten mir viel Glück.
Ich nahm das Angebot nicht an, weil es kontraproduktiv für mich gewesen wäre.
6 Monate später erhielt ich in einer anderen Klinik die Diagnose…
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